Selbständiger kann Krankenkasse nicht bezahlen – was tun?

geld-krankenkasseDie Krankenkassenbeiträge sind eine nicht zu unterschätzende Last für den Selbständigen. Das Hauptproblem dabei ist, dass die Beträge bis über 2000 Euro nicht proportional zum Einkommen berechnet werden (auf Basis des aktuellen Beitragssatzes), was seine Ursache im Mindestbemessungsbetrag hat, welcher bei Selbständigen als Einkommen angenommen wird. Während also ein abhängig Beschäftigter bei einem Einkommen von 1500 Euro auch nur für diese 1500 Euro Krankenkassenbeiträge zahlen muss, ist dies für einen Selbständigen nicht der Fall, da hier ein Mindesteinkommen von 2.073,75 Euro (2014) angenommen wird. Hinzu kommt natürlich auch, dass ein Selbständiger nicht ca. 50% zahlt, sondern 100%. Die Folge in der Summe kann Überforderung sein. Jemand, der also an und für sich genug verdienen würde, um über die Runden zu kommen und keine staatlichen Hilfen benötigen würde, könnte genau wegen dieser Beträge in Probleme kommen. Und genau dies ist ja auch der Fall für nicht wenige Selbständige.

Dies alles ist recht unlogisch, denn damit werden Menschen zum Sozialamt gezwungen, wo eigentlich keine Notwendigkeit bestehen würde. Völliger Blödsinn und eine Sache, der sich die politisch Verantwortlichen endlich mal annehmen sollten. Grundsätzlich berücksichtigt in der Idee der Bürgerversicherung, etwa bei der SPD, ist dieser Ansatz im Rahmen der aktuellen Koalition wieder komplett unter den Tisch gefallen.

Was tun, wenn ein Selbständiger seine Krankenkassenbeiträge nicht bezahlen kann?

Nun, alles Jammern nützt einem ja nichts, wenn man in schwieriges Fahrwasser kommt und auch wenn es ein Trost sein mag, dass man nicht alleine damit ist, so hilft dies auch nur bedingt weiter. Was also tun, wenn man an sich klarkommen würde mit seinem Einkommen, wenn man nur etwas weniger Krankenkassenbeiträge zahlen müsste, oder anders gedrückt: nur das, was auch dem Einkommen entspricht.

Private Krankenversicherung kann günstiger sein

Nun, für junge, vor allem alleinstehende Selbständige kann es durch günstiger sein mitunter, sich privat zu versichern. Bei einem 25 Jahre alten Selbständigen könnte dies etwa (ab) 200 Euro sein. Hier lohnt sich ein Tarifvergleich zur Privaten Krankenversicherung im Detail für eine genauere Berechnung des persönlichen Falles. Private Krankenversicherungen sind nicht abhängig davon wie viel man verdient, vielmehr vom Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand. Nachteil: Mit zunehmendem Alter wird es teurer und mit Familie plus Kinder ohnehin. Ein späterer Wechsel zurück in die gesetzliche Krankenkasse kann schwer werden. Dennoch ist es für junge Selbständige ohne Anhang in der konkreten Situation unter Umständen eine Alternative, auf jeden Fall einen Blick wert.

Reduzierung des Krankenkassenbeitrages bei sozialer Härte

Nicht jede gesetzliche Krankenkasse weist sehr offensiv darauf hin, aber es ist nicht nur möglich für Existenzgründer einen geringen Mindestbemessungsbetrag mit entsprechend weniger monatlichen Krankenkassenbeiträgen als Basis berechnet zu bekommen, sondern auch anderen Selbständigen steht dies auf Antrag (soziale Härte) offen. Allerdings gebunden an bestimmten Voraussetzungen, so darf kein Vermögen (um die 10.000 Euro) vorhanden sein, unter Umständen ist hier auch der Rückkaufswert einer Lebensversicherung zu beachten. Einen normalen PKW darf man haben, ein Ferrari im eigenen Besitz dürfte den Antrag hinfällig machen, allerdings wäre man dann wohl auch eher nicht bedürftig. Zudem zählt mitunter auch der Partner und sein Einkommen, wie auch Einnahmen aus Miete etc. Wer aber wirklich nicht viel hat, dem steht dieser Weg offen und so lassen sich gut 100 Euro im Monat einsparen. In diesem Falle wird dann eine Mindestbemessungsgrenze von 1.382,50 Euro angesetzt (2014). Verdienen Sie 1500 Euro natürlich dann diese 1500 Euro.

Zuschuss zu Versicherungsbeiträgen der Kranken- und Pflegeversicherung zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit nach § 26 SGB II

Na, viel Spaß. Auch der Weg über das Amt steht ihnen offen. Genau der Punkt, der gerne von Politikern in Talkshows angesprochen wird: der Zuschuss vom Amt. Ja, so mal eben hingehen, so einfach ist das nicht, denn da muss man dann schon sehr detaillierte Angaben machen: von einer detaillierten Aufstellung Einnahmen/Ausgaben der letzten 6 Monate oder auch länger, Steuererklärungen, Fahrzeugschein, Kontoauszügen, Formulare… und immer mit dem Risiko eines unwilligen Sachbearbeiters, der Selbständige ohnehin für Schnorrer hält. Aber: man hat einen Anspruch, man sollte dafür kämpfen im Zweifel, wenn es einem zusteht, man muss aber auch für viel Papierarbeit bereit sein. Vor allem aber mit dem Kampf mit Bürokraten. Als Selbständiger kommt das Verfahren einem normalen zur Aufstockung des Einkommens gleich, also kann man auch gleich dieses komplett beantragen. Bekommt man in der Regel für 6 Monate, dann muss man wieder hin. Keine schöne Lösung, keine Dauerlösung, aber wenn man keine Wahl, besser als nichts. Infos gibt es in diesem Merkblatt der Arbeitsagentur. Vielleicht hat man ja auch Glück und trifft einen hilfsbereiten Sachbearbeiter mit Herz.

Mehr verdienen – Einkommen steigern

Die letzte Möglichkeit ist natürlich immer die Verbesserung des eigenen Einkommens, etwa durch einen 400 oder 450 Euro Job zusätzlich oder durch höhere Einnahmen aus seiner selbständigen Tätigkeit. Aber oft alles leichter gesagt als getan.

Hinzu kommt, dass man es in der konkreten Situation nicht immer leicht hat, denn man trifft oft auch auf wenig Verständnis bei anderen, mitunter auch aus Unwissenheit (normale Menschen wissen selten etwas von Mindestbemessungsgrenzen). Hier hilft Aufklärung: Erklären Sie den Menschen offen, dass ihr Problem nicht etwa ist, dass Sie nicht die Beiträge zahlen können, welche zum Einkommen proportional sind, sondern dass Sie anders als Nicht-Selbständige überproportional belastet sind. Und nerven Sie die Angeordneten Ihres Wahlkreises, am Besten solange, bis die Politik Selbständige endlich fair behandelt.

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