Krankenkassenbeiträge für Selbständige

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Eine der größten Belastungen für Selbständige stellen Krankenkassenbeiträge dar. Besonders in diesen liegt einiges an (möglichem) Problempotenzial für Selbständige, was schlimmstenfalls in eine Schuldenfalle führen kann. Der Gesetzgeber hat in 2007 die Krankenversicherungspflicht eingeführt, was grundsätzlich zu begrüßen ist, denn schließlich sollte jeder Mensch eine Krankenversicherung haben. Leider hat der Gesetzgeber sich dabei aber nicht um die Frage gekümmert, was passiert, wenn der Versicherte die Beiträge nicht bezahlen kann. Ein Ausweg in solchen Situationen stellt zwar immer der Weg zum Sozialamt dar, um einen Zuschuss zu beantragen, aber auch ist keineswegs immer so ganz einfach für Selbständige. Aber schauen wir uns an, welchen Selbständigen welche Beiträge drohen.

Der Selbständige zahlt alles selbst

Der hauptberuflich Selbständige zahlt grundsätzlich alles selbst, d.h. er trägt den vollen Krankenkassenbeitrag selber, logisch, denn es gibt ja keinen Arbeitgeber, der wie bei Arbeitnehmern gut 50% übernimmt.. Der Selbständige zahlt so aktuell (Stand 06/2013) 14.9% bzw. 15.5%, wenn er zusätzlich Anspruch auf Krankentagegeld haben möchte, was aber nicht zwingend ist.

Der hauptberuflich Selbständige

Wann ist der Selbständige hauptberuflich selbständig? Krankenkassen gehen davon aus, dass dies dann gegeben ist, wenn man mehr als 15 Stunden die Woche arbeitet oder wenn diese davon ausgehen, dass das jeweilige Einkommen das Haupteinkommen ist, wobei die Höhe des Einkommen an sich egal ist. Verdient man also 800 Euro und man kann nicht nachweisen, dass dies nicht das Haupteinkommen ist, von dem man seinen Lebensunterhalt bestreitet, dann wird man in der Regel als hauptberuflich Selbständig eingestuft und das kostet dann gutes Geld, wie gleich erläutert wird.

Das Mindesteinkommen / Beitragsbemessungsgrenzen

Der Selbständige zahlt nicht zwingend nach seinem Einkommen, sondern es wird ihm ein Mindesteinkommen unterstellt, ausgehend von den jeweils aktuellen Bemessungsgrenzen, welche der Gesetzgeber jedes Jahr neu festlegt und dieser mit nur einer Richtung, nämlich nach oben. Konkret bedeutet dies, dass die Krankenkasse immer davon ausgeht, dass man mindestens ein Einkommen von sage und schreibe aktuell 2021.25 Euro hat, auch dann, wenn man nur 1200 Euro verdient. Die höchsten Gerichte finden dies i.O., weil der Selbständige ja angeblich einen Gestaltungsspielraum hätte und Krankenkassen auch nicht zugemutet werden könnte, das Einkommen aktuell zu prüfen. Nur: Welcher Gestaltungsspielraum soll dies bei diesem Einkommensniveau denn nun sein? Ich hätte keine wirkliche Vorstellung, denn natürlich kann man als Selbständiger zwar bestimmte Ausgaben geltend machend, aber sicher nicht in einem Rahmen, was das Einkommen merklich verändern würde, zumindest nicht bei einem Einkommensbereich von unter 2.000. Meist handelt es sich, da ja alles überschaubar, auch um real existierende Kosten. Große Unternehmen haben Gestaltungsspielräume, kleine Selbständige eher wenig, denn bei überschaubaren Einkommen hat man nicht viel zu gestalten, da das meiste Geld ohnehin vom Alltag aufgefressen wird. Man sieht: auch hohe Gerichte fällen durchaus fragwürdige Urteile.

Beispiel:

Der Selbständige verdient 1200 Euro, bei 14.9 % müsste er, wäre er Arbeitnehmer, Euro 178.80 bezahlen. Knapp 50% davon würde aber der Arbeitgeber bezahlen. Dazu kommen mindestens 24.60.– für die Pflegeversicherung (aktuell: 2.05%). Wer keine Kinder hat, den (und da kann ja nicht jeder etwas dafür) bestraft der Gesetzgeber gar mit 2.30%. So grob gerechnet bezahlt der Arbeitnehmer also 115 Euro.

Tatsächlich bezahlt der Selbständiger aber aktuell bei 1200 Euro Einkommen einen Betrag von 301.17 + 41.44 = 341.21. Der Selbständige bezahlt also sage und schreibe 28,6% für seine Krankenversicherung. Klasse, oder? Erstaunlich ist, dass sich dieser Ungleichbehandlung weder Politik noch die Gesellschaft als solches annehmen. Erschwert wird dies alles noch dadurch, dass der Gesetzgeber jedes Jahr sehr großzügig die Beitragsbemessungsgrenzen (und damit auch die Mindestbeitragsbemessungsgrenze) erhöht, womit die Beiträge gerade in 2013 auch sehr stark gestiegen sind, ebenso natürlich in den Folgejahren.

Verständlich, dass mancher Selbständige in Phasen, wo es mal nicht so läuft, ganz schnell Schulden ansammelt. Dies dürfte aber weder dem Zweck noch dem Geist einer Krankenkasse entsprechen, die doch eigentlich der Gesundheit dienen soll.

Krankenkassenbeitragsermäßigung für Selbständige

Wenn Sie Glück haben und (noch) Förderleistungen durch die Bundesagentur für Arbeit beziehen, dann kommen Sie in den Genuss einer niedrigeren Beitragsbemessungsgrenze von aktuell 1347.50 Euro, würden also aktuell 200.78 Euro zahlen plus mindestens 27.65 für die Pflegeversicherung.

Selbständige, egal in welcher Phase, können aber auch einen Antrag auf Ermäßigung stellen, wenn das Einkommen niedriger als 2021.25 liegt und diese bestimmte Voraussetzungen erfüllen. So dürfen man z.B. nicht über ein Vermögen von > 10.000 Euro verfügen. Pech, wer trotz niedriger Einkommen immer fleißig gespart hat.

Krankenkassen rennen ihnen meist auch nicht die Bude ein, um sie von dieser Möglichkeit die Situation etwas erträglicher zu machen, zu informieren. Die Infos findet man zwar meist auf den Webseiten (mehr oder weniger offen), aber den Antrag muss man schon von sich aus stellen und das sollte man auch.

Der nebenberuflich Selbständige

Ist man familienversichert und (nebenberuflich) selbständig, da der Partner das Haupteinkommen verdient, so darf man mit Stand 2013 385 Euro verdienen, ohne die beitragsfreie Familienversicherung zu verlieren.

Verdient man mehr, oder auch wenn man selber ein anderes Haupteinkommen bezieht, und die Selbständigkeit wird als nebenberuflich eingestuft, so muss man eigene Beiträge entrichten. Auch hier wird wieder ein Mindesteinkommen angenommen, dieser Wert liegt bei Euro 898.33. Man muss also mit Beiträgen von 133,85 plus mindestens 18,42 für die Pflegeversicherung rechnen, was in der Summe Euro 152,27 macht. Es macht also für den nebenberuflich Selbständigen eigentlich keinen Sinn, mehr als 385 und weniger als 537 Euro zu verdienen.

Dazu gibt es sicher noch eine ganze Reihe von Grenzfällen und auch strittigen Fällen, wann man denn nun nebenberuflich ist oder nicht.

Fazit: Berechnung der Krankenkassenbeiträge für Selbständige ist unsozial

Die Berechnung der Krankenkassenbeiträge für Selbständige kann man aktuell nur als unsozial beschreiben. Nur Selbständige über den Mindestbetrag werden entsprechend der Beitragssätze einigermaßen gerecht berechnet. Alle darunter nicht, vielmehr zahlen Selbständige oft überproportional viel im Vergleich zu allen anderen Arbeitnehmern, Rentnern und Beamten. Die Folgen können unter Umständen dramatisch sein und zur Verschuldung führen, ebenso zur Aufgabe der Selbständigkeit und zum Weg nach Hartz IV, was völlig sinnlos ist und weder dem Selbständigen noch der Gesellschaft dienlich ist.

Natürlich sollte der Selbständige seinen Beitrag in die Sozialkasse leisten, wie andere auch. Aber wie andere auch sollte dies entsprechend seinem tatsächlichen Einkommen und seiner Leistungsfähigkeit nach erfolgen und nicht nach künstlichen Werten, die überfordern und wenig Luft zum Leben lassen, denn Miete + Essen muss ja auch noch bezahlt werden.

Wenn ein Selbständiger 1.000 Euro verdient und damit klarkommt, dann sollte ihm dies auch ermöglicht werden und nicht durch überproportionale Krankenkassenbeiträge unmöglich gemacht werden. Immerhin liegt dieser Selbständige mit seinen 1.000 Euro dem Sozialsystem nicht zur Last, weil er eben versucht genau damit zurechtzukommen und nicht Hartz IV zu beantragen. Sein fairer Beitrag sollte dementsprechend auch 149,90 betragen und nicht über 300 Euro.

Alternativ könnte man natürlich auch auf dem Sozialamt nach einem Zuschuss fragen, aber warum sollte man dies tun? Weil der Gesetzgeber dem Selbständigen überproportionale Lasten auflädt, die man eigentlich gar nicht bezahlten sollte? Plus, dem Fakt, dass auch hier wieder die Frage nach Vermögen beginnt (und dies muss ja nicht besonders groß sein), plus, dass man x Dinge offen legen muss, plus, dass man als Selbständiger, wenn man den falschen Sachbearbeiter erwischt, ohnehin kaum Chancen hat.

Für junge, vor allem alleinstehende Selbständige, kann in der konkreten Situation durchaus auch die Wahl einer privaten Krankenversicherung eine Lösung sein. Hier lohnt sich ein Tarifvergleich zur Privaten Krankenversicherung, um im Detail eine genauere Berechnung des persönlichen Falles zu bestimmen. Private Krankenversicherungen basieren nicht auf dem, viel man verdient, sondern orientieren sich am Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand. Der Nachteil ist aber, dass eine PKV mit zunehmendem Alter teurer wird, genauso bei Familie plus Kinder. Dennoch ist es für junge Selbständige ohne Anhang unter Umständen eine (temporäre) Alternative.

Es liegt einiges im Argen beim Thema Selbständige und Krankenkassenbeiträge und so kann man sich nur wundern, dass überhaupt noch jemand diesen Schritt geht, bzw. man braucht sich nicht zu wundern, wenn es immer weniger machen.

Lesen Sie auch: Selbständiger kann Krankenkasse nicht bezahlen – was tun?

Tipp: auch wenn die Leistungen aller gesetzlichen Krankenkassen weitgehend gleich sind, so gibt es doch mitunter die eine oder andere Zusatzleistung, welche den Unterschied machen kann und die einen Wechsel lohnt. Hier kann man sich auch durchaus noch zusätzlich eine Prämie für einen Krankenkassenwechsel sichern, siehe https://www.pinkies.de/praemie-fuer-krankenkassenwechsel-sichern.html. Entschädigt zwar nicht für die hohen Beiträge, aber wenn die Beiträge schon hoch sind, dann sollte man dennoch wenigstens mitnehmen, was kann bekommen kann – als kleinen Ausgleich.

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